
Nationale Klinische Studiengruppe (NKSG) ME/CFS und Post-COVID-19-Syndrom
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Die Nationale Klinische Studien Gruppe (NKSG) ist ein interdisziplinäres Netzwerk von Ärzten und Wissenschaftlern mit dem Ziel, translationale Forschung und Therapiestudien für die Behandlung von Myalgischer Encephalomyelitis/Chronischem Fatigue-Syndrom (ME/CFS) und Post-COVID-19-Syndrom (PCS) zu entwickeln.

Etwa jede/r Zehnte leidet nach einer leichten bis mittelschweren COVID-19 unter anhaltenden Beschwerden, darunter häufig schwere Fatigue und Belastungsintoleranz. Halten diese Symptome mehr als vier Wochen an, spricht man von Long COVID. Als Zustand nach COVID-19 oder PCS hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Symptome definiert, die das tägliche Leben beeinträchtigen, mehr als drei Monate nach der Infektion bestehen und mindestens zwei Monate andauern. Am häufigsten sind jüngere, bis dahin gesunde Frauen betroffen. Wie eine aktuelle Studie der Charité zeigt, entwickelt ein Teil der PCS-Patientinnen und Patienten ME/CFS – eine komplexe, chronische Erkrankung mit unterschiedlich ausgeprägten Symptomen, darunter schwere Fatigue und Belastungsintoleranz, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen, Kreislaufstörungen sowie Muskel- und Kopfschmerzen und Verschlimmerung der Symptome nach Alltagsaktivität. ME/CFS wird in vielen Fällen durch eine Infektionskrankheit ausgelöst. Bereits vor der Coronaviruspandemie litten in Deutschland schätzungsweise 250.000 Menschen unter ME/CFS. Andere Patientinnen und Patienten mit PCS leiden unter weniger schweren Allgemeinsymptomen, sind allerdings durch Einschränkungen ihrer kognitiven Funktionen, insbesondere im Bereich von Konzentration und Gedächtnis, ebenfalls erheblich eingeschränkt.
Bislang gibt es für das PCS und ME/CFS weder zugelassene Behandlungen noch sind deren Pathomechanismen genau verstanden. Studien zeigen Hinweise auf anhaltende Entzündungen, Autoantikörper, gestörte Gefäßfunktion, sowie Persistenz von Virusbestandteilen.
Die NKSG führt erste klinische Studien mit Arzneimitteln und medizinischen Verfahren für PCS und ME/CFS durch. Ziel ist es, Therapieansätze zur prüfen und bei Wirksamkeit rasch zur Zulassung zu bringen, damit sie allen Patientinnen und Patienten zur Verfügung stehen. Der Schwerpunkt liegt auf der Verwendung von Arzneimitteln, die bereits für andere Krankheiten zugelassen sind. Klinische Studien vorzubereiten und durchzuführen ist inzwischen sehr aufwändig und teuer. Die Studiengruppe profitiert hier von der Expertise des Clinical Trial Office der Charité. In den ersten Studien werden zunächst drei Medikamente bzw. Medizinprodukte geprüft. Sie richten sich gegen Entzündungen, Durchblutungsstörungen und Autoantikörper - das sind Antikörper, die bestimmte körpereigene Strukturen angreifen.
Die klinischen Studien werden von einem umfassenden Biomarker- und Diagnostikprogramm begleitet, um relevante Biomarker für die Pathomechanismen der Erkrankung vor und nach der Behandlung zu untersuchen und die Wirkungsweise der verschiedenen Therapien besser zu verstehen. Die Diagnostik schließt auch moderne Hochdurchsatz-Sequenzierungen auf Einzelzellebene ein, welche durch die Systemmedizin am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen durchgeführt und analysiert werden. Ziel ist es neben Tests, die das Ansprechen auf Therapie vorhersagen können, auch spezifische diagnostische Tests für ME/CFS und PCS zu entwickeln. In der Diagnostikplattform wird mittels funktionellem MRT die Gehirnfunktion und mittels Endopat, OCT-A und ASL die Gefäßfunktion untersucht.
Teilnahme an Studien
Zunächst können nur Patientinnen und Patienten in die Studien aufgenommen werden, die bereits an unseren Beobachtungsstudien teilnehmen oder über die beteiligten Hochschulambulanzen bereits eine Diagnose erhalten haben. In einem nächsten Schritt planen wir dann größere Studien an verschiedenen Kliniken in Deutschland durchzuführen. Eine Zusammenarbeit mit der pharmazeutischen Industrie wird dazu angestrebt, genauso wie für die Prüfung weiterer aussichtsreicher Medikamente.
Das Netzwerk
Die Nationale Klinische Studiengruppe ist in die Netzwerke von NUM, DZIF, DZNE, NeuroCure, ECRC, MDC, Deutsche COVID-19 OMICS Initiative (DeCOI) und HIRI eingebettet.
In das Netzwerk der NKSG sind auch die Patientenorganisationen Long COVID Deutschland (LCD) und die Deutsche Gesellschaft für ME/CFS (DG ME/CFS) eingebunden.
Die NKSG wird in Berlin von Prof. Dr. med. Carmen Scheibenbogen und Dr. med. Susen Burock geleitet, in München von Prof. Uta Behrends. Das Projekt wird vom BMBF gefördert.